Homosexuelle Ehe und Bestattung – wenn „Schwule“ heiraten und sterben

Die Ehe für alle – Homosexualität gesetzlich anerkannt

„Homosexuelle Bestattung & gleichgeschlechtliche Ehe“ – Seit dem 01.10.2017 ist es offiziell: Die gleichgeschlechtliche Ehe ist laut §1353 BGB, Absatz 1 („Eheliche Lebensgemeinschaft“) geregelt und besagt:

Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.

Ein Meilenstein der Geschichte, denn homosexuelle Menschen haben lange Zeit für ihre Rechte und die damit verbundene Freiheit gekämpft. Vor allem Standesämter haben enormen Zulauf durch die neue Gesetzesänderung bekommen. Anträge und Unterlagen können seit Anfang Oktober problemlos eingereicht werden.

Doch so schön das Heiraten und die Ehe sind, mit dem neuen Gesetz werden über jahrelang, fest verankerte Strukturen und eingefahrene Handlungsabläufe mehr oder weniger auf den Kopf gestellt. Vor allem treten Probleme mit der Software auf, die eine Ehe bzw. Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Mann bzw. Frau und Frau (noch) nicht zulässt. Demnach kann es laut Innenministerium bis zu einem Jahr dauern, bis alle elektronischen Fach-, Register-, und Datenaustauschverfahren angepasst und ausgetauscht werden. Doch nicht nur die homosexuelle Ehe macht Probleme – auch das homosexuelle Sterben und die homosexuelle Bestattung.

Verwitwet – Mann als Witwer | Frau als Witwe

Ähnlich wie bei den Ämtern kommt es auch oft bei den Bestattungsinstituten zu Problemen. Und dies hat (leider) nicht immer ausschließlich softwareseitigen Hintergrund. Gerade die Bestattungsbranche arbeitet seit Jahrzenten oft Seite an Seite mit der Kirche. Der kirchliche Background und die Haltung zur gleichgeschlechtlichen Ehe sollten allseits bekannt sein. Natürlich übertragen sich solche Sichtweisen auch auf viele Bestatter. Gerade in ländlichen Gebieten sind gefestigte Grundstrukturen und Rituale Gang und Gäbe. Bestattungsinstitute sind aber nun auch gesetzlich dazu verpflichtet, die homosexuelle Ehe anzunehmen. Denn in Deutschland besteht eine Bestattungspflicht. So ist die Beisetzung z.B. im Bestattungsgesetz (BestG) Bayern gesetzlich festgelegt (Quelle: GBV):

Jede Leiche muss bestattet werden, und zwar durch Beisetzung in einer Grabstätte (Erdbestattung) oder durch Einäscherung in einer Feuerbestattungsanlage und Beisetzung der in einer festen Urne verschlossenen Aschenreste in einer Grabstätte (Feuerbestattung) […]

Die neue Situation „Mann verliert Mann“ bzw. „Frau verliert Frau“ erfordert ein Umdenken, denn Männer können nun ab sofort einen Witwer und Frauen eine Witwe hinterlassen. Dies muss aus Bestattersicht nicht nur in Formularen bzw. der Software, sondern vielmehr in der wörtlichen Rede berücksichtigt werden. Auch bei der Erstellung einer Trauerrede oder sollten genaue Absprachen mit dem homosexuellen Trauernden getroffen werden. Durch die neuen Umstände verlangt ein Beratungsgespräch – nach dem Ableben des homosexuellen Lebenspartners – nach noch mehr Sensibilität und Einfühlvermögen als bisher. So sind z.B. Fomulierungen wie „schwul“ oder „lesbisch“ ausdrücklich zu vermeiden. Wir geben hilfreiche Tipps, wie Bestatter am Besten mit der neuen Situation umgehen können, worauf sie achten und was sie besser vermeiden sollten.

Tipps und Hilfestellungen für Bestatter – Die homosexuelle Bestattung und das Beratungsgespräch

  1. Software und Formulare aktualisieren und ändern
    Passen Sie vor allem Ihre Fomulare an die neuen Gegebenheiten an. Vergewissern Sie sich, dass Sterbeanzeigen bei gleichgeschlechtlichen hinterbliebenen Ehepartnern den Begriff „Witwer“ bzw. „Witwe“ zulassen. Es sollten auf keinen Fall Ersatzformulierungen verwendet werden. Die entsprechenden Medien sind gegebenenfalls zusätzlich telefonisch zu informieren. Falls Sie eine Bestattungssoftware benutzen, bringen Sie diese auf den aktuellen Stand und kontaktieren Sie ggf. den Support des Herstellers. Fragen Sie nach Updates, die die neuen Funktionen bereitstellen bzw. Add-ons, die die Implemetierung gewährleisten. Eventuell ist die Softwarefirma noch nicht auf Probleme hingewiesen worden – deshalb unbedingt nachfragen und nachhaken!
  2. Mitarbeitermeetings und Dienstleister
    Informieren Sie Ihre Mitarbeiter! Jeder sollte auf dem gleichen Stand sein, um vor allem pietätvoll reagieren und handeln zu können. Machen Sie ihren Betrieb fit – dazu gehören nicht nur interne Abstimmungen, sondern auch der Austausch mit Ihren Dienstleistern und Lieferanten. Informieren Sie zudem Ihren Blumenlieferanten, den Gärtner, das Friedhofspersonal oder den Steinmetz. Unter Umständen sind diese noch gar nicht, oder nur zu einem gewissen Teil darüber unterrichtet worden. Sie vermeiden dadurch peinliche Rückfragen, sollten homosexuelle Kunden etwas bei Ihnen in Auftrag gegeben haben.
  3. Passen Sie Ihre Wortwahl an
    Begriffe wie „schwul“ oder „lesbisch“ sollten Sie aus Ihrem Wortschatz löschen! Behandeln Sie homosexuelle Witwer/Witwen stets so, als würden Sie ein „normales“ Beratungsgespräch führen. (An die Leser dieses Artikels: Die Verwendung des Begriffs „normal“ und „schwul“ bzw. „lesbisch“ soll an dieser Stelle in keinster Weise von Autorenseite als wertend oder gar abwertend verstanden werden! Die Kernaussagen(n) dieses Textes sollten deutlich hervorgehen und formuliert sein)
  4. Hören Sie dem Trauernden genau zu
    Welche Bezeichnung für seine(n) Partner(in) verwendet er/sie. Diese sollten Sie im weiteren Verlauf aufgreifen und verinnerlichen. Verwendet er z.B. den Begriff „mein Mann“, so sagen Sie auch „Ihr Mann“ im fortlaufenden Gespräch. Passen Sie sich an – so sind Sie stets auf der sicheren Seite. Die Bezeichnungen sollten für Sie ebenfalls so selbstverständlich sein wie für den Trauernden.
  5. Stellen Sie Fragen
    Sollte Ihnen etwas unklar sein – fragen Sie nach! Es ist keine Blamage etwas zu erfragen, was einem selbst nicht ganz erschließt bzw. als neu erscheint. Es zeigt Ihrerseits Interesse und wird in keinem Fall falsch verstanden werden. Homosexuelle wollen nicht mit Samthandschuhen behandelt werden – es ist eine völlig normale Situation. Durch das Hinterfragen vermeiden Sie auch Probleme bei der späteren Umsetzung, also scheuen Sie nicht zu fragen: „Wie sollen wir dies oder jenes handhaben? Was dürfen wir schreiben, was darf gesagt werden? Wir möchten nichts falsch machen und uns ganz auf Ihre Wünsche und Anliegen konzentrieren.“
  6. Seien Sie aufmerksam – jedoch kommentieren Sie nicht
    Hören Sie stets aufmerksam zu. Vermeiden Sie es Kommentare abzugeben. Das hat im Beratungsgespräch keinen Platz! Zeigen Sie Professionalität, auch wenn es für Sie eine neue Situation ist und ungewöhnlich erscheint. Sätze wie „so etwas hatten wir in unserem Hause bis dato noch nicht“ lassen Sie besser sein. Wahren Sie stets Contenance – so werden Sie das Gespräch erfolgreich abschließen können.

Es wird einige Zeit dauern, bis die homosexuelle Bestattung und vor allem die gleichgeschlechtliche Ehe von jedem angenommen und akzeptiert worden ist – keine Frage. Sie ist aber nicht nur vor kurzem durch das Gesetz offiziell genehmigt worden, sondern ist schon lange Zeit vorher Teil einer modernen und aufgeschlossenen Gesellschaft. Toleranz und Respekt sollten wir alle gegenüber „anders denkenden“ zeigen und vor allem verinnerlichen. Zeigen Sie als Bestatter Offenheit und Akzeptanz. Wer sonst außer Sie wird täglich mit dem intimsten und persönlichsten Anliegen von Menschen vertraut gemacht. Sie werden Teil der Familie und tauchen Tief in die Gefühlsebene von Angehörigen und Hinterbliebenen ein.

Nicht nur das Geschäftliche sollte im Vordergrund stehen – vielmehr die Umsetzung von etischen und moralischen Grundsätzen machen Sie erst zu einem Dienstleister des Vertrauens. Ganz gleich ob Hetero– oder Homosexuell.

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