Ahnenforschung – Wer bin ich?

Ahnenforschung – Wer bin ich?

Der Vater meines Vaters war das jüngste von elf Kindern und das einzige, das es frühzeitig wegzog, weit weg. Sein Weg als junger Mann führte aus der oberfränkischen Provinz an die Ost- und Nordsee zur Marine. Zwischen den Weltkriegen unternahm er auf Schulschiffen zwei ausgedehnte Reisen durch alle Weltmeere. Jahrzehnte später erzählte er uns Enkeln davon und blätterte mit uns in seinen Fotoalben, die die Reisen sorgfältig dokumentieren. An der Küste lernte er auch seine Frau kennen, meine Oma. Im Krieg floh sie von den Bombardements im Norden in die fränkische Heimat ihres Mannes, die ihr so fremd war wie ein anderes Land. Mit dabei war damals schon der erste Sohn des durch den Krieg so oft getrennten Paares – mein Papa.

Die Alben, die häufig wiederholten Erzählungen, das Wohnzimmer meiner Großeltern mit den japanischen Gemälden und Elefanten aus Elfenbein als Zeugnisse der Weltreisen – all dies ist irgendwie auch meine Geschichte. So fremd und exotisch meinem Bruder und mir das alles vorkam, so sehr fühlten wir uns zugehörig zu diesen Abenteuern. Sie sind Teil unserer Familie – und eine Antwort auf die Frage, woher wir kommen.

Gemeinschaft, Herkunft, Abstammung: Sind das Begriffe, die auch den Generationen unserer Kinder wichtig sind? Spielen die eigenen Wurzeln noch eine Rolle, wenn so vieles immer flüchtiger und schnelllebiger zu werden scheint?

„Kinder brauchen ein Wurzelgefühl. Das Wissen über die Geschichte ihrer Familie bietet eine gute Basis, um sich später im Leben besser zurechtzufinden“, sagt Diplom Psychologin Dr. Angelika Faas.

Der Wunsch nach Geborgenheit, Orientierung und Identifikation sei hierfür ausschlaggebend, aber auch das Bedürfnis nach Abgrenzung und Perspektivwechsel:

„Spätestens im Grundschulalter fangen Kinder an, sich miteinander zu vergleichen. Um Unterschiede festzustellen und sich von anderen abgrenzen zu können, ist es wichtig zu wissen, wo man hingehört.“ so die Expertin.

Die Bedeutung des Perspektivwechsels erklärt sie so:

„Erst durch einen Blick auf den Stammbaum wird jedem Kind oft klar, dass jedes Familienmitglied unterschiedliche Rollen einnimmt: Der eigene Vater ist gleichzeitig Bruder, die Großmutter auch Tochter – diese Erkenntnis stellt bei Kindern einen wichtigen Entwicklungsschritt dar.“

Erzwingen können wir Eltern das Interesse unserer Kinder an familiärer Herkunft und Historie natürlich nicht. Doch wenn wir uns nicht damit begnügen, dass unser Nachwuchs weiß, dass er jeweils zwei Opas und Omas hat oder zumindest mal hatte und diese Menschen die Eltern seiner Eltern sind, dann kann die Sache schnell spannend werden. Oft genügt es schon, kleine Anreize zu schaffen. Ein wichtiger Schlüssel sind natürlich Fotos. Alte Alben sind eine gute Fundgrube und ein Garant dafür, dass Sie viele Fragen beantworten müssen. Die Ahnenforschung kann beginnen.

Alte Fotos entfachen Neugier

Erzählen Sie einfach, was Sie wissen: Erst die Geschichte hinter dem Foto weckt Interesse für die Person auf dem Bild und regt die Neugier von Enkeln und Urenkeln an. Der Vater meines Vaters, mein Opa – ich erwähnte ihn schon? Nach dem Krieg geriet er in britische Gefangenschaft und musste Fliegerbomben und Landminen entschärfen. Einmal schickte er einen kleinen Hund vor, der prompt eine Detonation auslöste und so meinem Papa das Leben rettete. Das sind Abenteuer, die nun auch unsere Kinder, seine Urenkel beeindrucken. Schade, dass sie ihren Uropa nicht mehr kennenlernen konnten.

Genau dies ist aber der Knackpunkt: Erinnerung lebendig halten, die eigene Herkunft definieren über den Tod der Vorfahren hinaus – mit Fotos und Erzählungen sowie alten Aufzeichnungen und Dokumenten kann das gelingen und sogar zu einem spannenden Hobby werden. Genealogie lautet der Fachbegriff – die sogenannte historische Hilfswissenschaft der Familiengeschichts- oder auch Ahnenforschung. Im Internet gibt es mittlerweile eine Fülle von Anbietern, die in Aussicht stellen, der persönlichen Familienrecherche auf die Sprünge zu helfen. Oft sind jedoch Gebühren und Mitgliedschaften erforderlich. Einen gewissen Überblick über die Angebote im Netz verschafft die Webseite www.computergenealogie.de mit vielen Informationen.

Möglichkeiten nutzen, solange sie bestehen

Das persönliche Gespräch mit noch lebenden Vorfahren ersetzt die Online-Forschung nicht; machen Sie davon Gebrauch, so lange dies noch möglich ist. Das kann zum Beispiel auch so aussehen, dass Sie sich mit Ihrem Nachwuchs alte Bilder ansehen und dann gemeinsam überlegen, welche Fragen Sie Oma und Opa, der Großtante oder dem entfernten Onkel stellen wollen. Ein Fragebogen macht das Unterfangen vielleicht noch spannender und gleichzeitig strukturierter, auch mit der Ankündigung eines „Live-Interviews“ lassen sich mitunter sowohl Enkel als auch Großeltern vom Reiz dieses generationsübergreifenden, identitätsstiftenden Vorhabens überzeugen.

Meine Mutter meinte, dass das der schönste Abend gewesen sei, als sie und mein Vater die steinalte Tante Resi in besagter fränkischer Provinz besuchten und ungeplant den ganzen Abend blieben, um sich gemeinsam den tollsten Geschichten zu erinnern. Wer schreibt das alles auf? Nutzen Sie die Möglichkeit, solange sie noch besteht.

Fünf Schritte zum Ziel – Die Suche nach der eigenen Herkunft

Wie beginnt man mit der Familienforschung? Fünf Schritte, die Ihnen den Weg zu Ihren Ahnen ebnen.

  1. Was weiß ich selbst?
  • Welche Unterlagen, Dokumente, Fotos, Geburtsdaten usw. liegen mir vor? Tragen Sie alles zusammen und schreiben Sie die Informationen auf
  1. Befragen Sie Ihre Verwandten
  • Welche Urkunden über Groß- und Urgroßeltern sind vorhanden? Welche Verwandten gibt es noch und wo leben Sie? Hat vielleicht ein Verwandter bereits nach Ahnen geforscht? Machen Sie sich Notizen von diesen Gesprächen, in denen oft auch spannende Erlebnisse aus alter Zeit dem Vergessen entrissen werden. Nehmen Sie alternativ mit Ihrem Handy das Gespräch auf. Vieles hat man danach schon wieder vergessen.
  1. Bringen Sie System rein
  • Legen Sie für jede Person bzw. Herkunftsfamilie eine eigene digitale Datei oder einen Schnellhefter an. Ahnenlisten werden so nummeriert: Sie sind Nummer 1, Ihre Eltern Nummer 2 und 3, die Eltern des Vaters Nummer 4 und 5, die der Mutter Nummer 6 und 7 usw. Die Männer erhalten immer eine gerade, die Frauen die jeweils nächste ungerade.
  1. Kontaktaufnahme zu Behörden
  • Nach dem aktuellen Personenstandsgesetz sind ältere Daten (Geburtsregister bis 1902, Eheregister bis 1932, Sterberegister bis 1982) im zuständigen Stadtarchiv auf Anfrage frei zugänglich. Viele Städten und Gemeinden bieten hierzu auf Ihrer Webseite auch die Möglichkeit einer Online-Anfrage. Jüngere Personenstandsunterlagen müssen beim Standesamt angefordert werden.
  1. Kirchenbuchforschung
  • Wenden Sie sich für Daten vor 1875 an das jeweilige Pfarramt oder die Landeskirche. Einen Online-Überblick gibt es HIER.

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Tipp: Wir basteln uns einen Familienstammbaum

Suchen Sie nach alten Aufnahmen ihrer Familienmitglieder. Scannen Sie die Originalbilder ein und drucken Sie sie aus oder machen Sie Kopien. Idealerweise stellen Sie nun eine Wand in Ihrer Wohnung zur Verfügung und malen dort einen Baum auf. Alternative: Den Baum aus einem Pappkarton ausschneiden und an die Wand kleben. Unten am Stamm bringen Sie (je) ein Foto Ihres Kindes bzw. Ihrer Kinder an. Darüber folgen Sie als Eltern, darüber wiederum, bei den ersten Verzweigungen, Ihre Eltern. In direkter Linie wachsen nach oben (und in die Breite) Ihre Großeltern, Urgroßeltern usw. Namen und Geburtsdaten können die Fotos ergänzen. Achtung: Mit Geschwistern, Onkel und Tanten wird es schnell unübersichtlich. Die ältesten bekannten Ahnen können oben als Blätter über allem stehen.

Tipp: Gerahmte Fotos sehen besonders edel aus.

Wir wünschen viel Spaß beim Basteln und Ausprobieren.

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